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Humor in der deutschen Unternehmenskultur

„In every job that must be done, there is an element of fun.“
Mary Poppins

„Erst die Arbeit, dann das Vergnügen“ ist eine weit verbreitete Redewendung,
wenn es um die Vereinbarkeit von Arbeit und Spaß im Berufsalltag der
Deutschen geht. Die gesellschaftliche Meinung zum Thema Humor und Arbeit
ist eher negativ besetzt. Obwohl zahlreiche Forschungsergebnisse aus dem
therapeutischen Umfeld bereits positive Wirkungen von Lachen nachgewiesen haben, scheinen Humor und Arbeit in der heutigen Arbeitswelt immer noch nicht vereinbar. Wer am Arbeitsplatz lacht, wird irritiert angeschaut und muss sich dem Vorwurf stellen, er sei nicht ausgelastet oder gar faul. Arbeit muss nach Anstrengung aussehen. So ist die Unvereinbarkeit von spielerischer Lockerheit und ernsthafter Leistung im deutschen Arbeitsethos tief verankert.

In den letzten Jahren erfuhr das Thema Humor in der Arbeitswelt einen
Bedeutungszuwachs. Wir leben heute in einer Welt, in der Leistung zählt und
angesichts von unzähligen Sparmaßnahmen, der Konkurrenzdruck weiter
wächst. Physische und psychische Belastungen machen die Menschen krank,
stressbedingte Krankheiten nehmen zu. Somit wächst auch das Interesse daran, Kenntnisse über Humorwirkung, die bereits im therapeutischen Umfeld
gewonnen worden, auf die Wirtschaft zu übertragen. Humor und Lachen
könnten folglich ein Ventil sein, um übermäßigen Stress und Druck abzubauen.
Humor im Arbeitsleben hilft nach Ansicht des Humorexperten Michael Titze,
Konflikte zu lösen und Stresshormone abzubauen. „Im Lachen werden positive
zwischenmenschliche Signale gesetzt, die Teamgeist, Kreativität und Motivation im Betrieb fördern.“

Der Stellenwert von Humor hat deutlich zugenommen, da auch Querdenkertum und Innovation hohes Ansehen genießen. Jedoch sucht man Humor in der Unternehmens- und Managementkultur oftmals noch vergebens. Im Management fürchtet man sich vor dem Verlust der Glaubwürdigkeit und des seriösen Images, obwohl gemeinsames miteinander Lachen nicht nur Identität stiftet, sondern Humor auch kommunikative Herausforderungen relativiert. Im Berufsleben geht es darum, aus den Erfahrungen, was Humor und Komik im Alltag bewirken kann Konsequenzen zu ziehen und dem Lachen Raum und Möglichkeiten zu geben, wo es von Nutzen für eine Organisation sein kann.

Wäre der satirische Blick bei Entscheidungen im Wirtschaftsleben nicht von
Vorteil bei der Meinungsfindung? Hilft die geistreiche Provokation nicht bei
Betriebsblindheit? Wesentliches Ziel der Seminararbeit ist es, den Einfluss von
Humor auf die Kommunikation in Unternehmen darzulegen und dabei die Rolle
eines modernen Hofnarren zu untersuchen. Sei es der Narr am Hofe der Könige und Fürst, oder der politische Satiriker, jede Epoche und jede Gesellschaft kennt Formen des Narrentums, die auf Missstände und verkrustete Strukturen aufmerksam machen und scherzhafte bis bissige Kritik am System üben. Doch welches Potential birgt der Einsatz eines modernen Hofnarren in Organisationen und Unternehmen tatsächlich?

Im Kontext der Bedeutung, die Humor innerhalb der deutschen Gesellschaft im
21. Jahrhundert insbesondere in der Arbeitswelt hat, sollen verschiedene
Ansätze diskutiert werden, wie eine Humorkultur am Beispiel der Figur des
Hofnarren in Unternehmen etabliert werden kann. In einem ersten Schritt gilt es
zunächst zu untersuchen, welche Erfolge die Figur in ihrer historischen Wirkung tatsächlich erzielte. Um eine Antwort gleich vorwegzunehmen, in Bezug auf weit reichenden strategischen Einfluss blieben die Erfolge des Hofnarren unbefriedigend. Trotz des geringen Einflussbereiches wird in der Literatur und Praxis die Rückkehr der Figur des Hofnarren diskutiert, denn es bestehen zahlreiche Analogien zwischen dem historischen Hof und dem „modernen“ , dem Wirtschaftsunternehmen. Grundsätzlich stehen sich zwei Konzepte gegenüber. Einerseits die Institutionalisierung des Hofnarren in Unternehmen, vergleichbar mit der Stelle eines Gleichstellungsbeauftragten, wie sie unter anderem von Tissot in seiner Dissertation „Gewinnbringendes Lachen? – Humor als Humanfaktor zur Erreichung von Unternehmenszielen“ eingeführt wird. Andererseits die Idee,  jeder müsse sein eigener Narr sein, wie sie von Wüthrich, Winter und Philipp in ihrem Buch „Die Rückkehr des Hofnarren – Einladung zur Reflexion nicht nur für Manager“ entworfen wird. Beide Konzepte sollen mit Blick auf ihre Akzeptanz und Erfolgsaussichten kritisch diskutiert werden. Dabei gilt es zu beachten, dass Humor sich grundsätzlich nicht verordnen lässt, sondern lediglich gefördert werden kann und selbst wachsen muss.

Humor in Unternehmen stößt auf die gleichen Grenzen, wie Humor im Alltag.
Lachen ist milieuspezifisch und unterliegt unter anderem dem Einfluss von
Alter, Kultur und Geschlecht. Das heißt, Humor funktioniert in einem
Unternehmen nur dann ohne größere Missverständnisse, wenn dessen
Mitarbeiter dem gleichen Kulturkreis entstammen. Arbeiten Menschen
verschiedener Kulturen miteinander, kann Humor folglich seine Wirkung
verfehlen.

Untersuchungen der Auswirkung von Humor auf das Erreichen von
Unternehmenserfolgen stehen vor einer weiteren Herausforderung. Humor
fördert ein positives Betriebsklima und eine optimistische Einstellung zur
Arbeit, jedoch lässt sich ein tatsächlicher Einfluss auf den ökonomischen Erfolg eines Unternehmens schwer nachweisen. Ein empirischer Nachweis gestaltet sich als schwierig und kann wenn überhaupt, in erster Linie qualitativ erfolgen. Wirtschaftler messen ihre Erfolge jedoch überwiegend quantitativ. Somit erweist es sich als problematisch, Zahlenmenschen vom positiven Effekt einer Humorkultur im Unternehmen zu überzeugen.

Das Thema von Arbeit und Humor ist aufgrund dieser Herausforderungen bis
heute nur wenig erforscht. Zum vollständigen Text der Seminararbeit Humor in der Unternehmenskultur (pdf)