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Catalunya is not Spain: Auf den Spuren einer katalanischen Identität

„Wie bei allen historisch gewachsenen politischen Gemeinschaften besteht das Hauptmerkmal der kollektiven Identität in der Sprache; nicht umsonst bezeichnete der ehemalige Regierungschef Pasqual Maragall sie als ‚DNA der Katalanen‘.“ Im Zuge der spanischen Verfassung 1978 erhielt Katalonien 1979 den Status einer Comunidad Autónoma. Spanische Verfassung und Autonomiestatut garantieren eine Vielzahl von Rechten und bestärken das Bewusstsein einer kollektiven katalanischen Identität. Die katalanische Sprache hat sich den öffentlichen Raum zurückerobert, nachdem sie in der Zeit der Diktatur Francos ins Private zurückgedrängt worden war. Katalanisch ist zu einem wichtigen Definitionsmerkmal zur Wiedererlangung einer kollektiven katalanischen Identität geworden. Mit ungefähr 9 Millionen Sprechern zählt Katalanisch zu einer der wichtigsten Regionalsprachen in der Europäischen Union. Allein Katalonien zählt 6 Millionen Sprecher. Seit 1990 ist Katalanisch als europäische Sprache offiziell vom Europäischen Parlament anerkannt. Für die staatliche Wirtschaft Spaniens ist Katalonien von jeher von großer Bedeutung, gilt die Comunidad doch als eines der bedeutendsten Wirtschaftszentren Kataloniens, das im Vorfeld der olympischen Spiele 1992 in Barcelona einen positiven Wandel erlebte. Trotz des enormen Prestigegewinns der katalanischen Sprache dominieren in der Privatwirtschaft Spanisch und zunehmend Englisch als Kommunikationsmittel.

Der Wunsch nach Anerkennung als Nation treibt die katalanische Politik an. Hinter der katalanischen Nation steht das Konzept einer Kulturnation, die sich über eine eigene Identität definiert. Die vorliegende Arbeit begibt sich auf eine Spurensuche der katalanischen Identität und versucht folgende Fragen zu beantworten: Was zeichnet die katalanische Identität aus beziehungsweise wer ist Katalane? Steht die katalanische Identität im Widerspruch zur spanischen Identität? Worauf beruht das katalanische Nationalbewusstsein? Gore und MacInnes gehen der Frage „Which is the main factor which makes your autonomous community a nation?“ nach mit dem Ergebnis, dass die katalanische Sprache und die Geschichte Kataloniens wichtige Faktoren bei der Herausbildung einer katalanischen Nation sind. Historisches Bewusstsein und Sprache sind identitätsstiftende Momente. Um die katalanische Identität und katalanisches Nationalbewusstsein verstehen zu können, bedarf es einen Blick in die Geschichte Kataloniens. Der Fokus liegt nicht auf der detailreichen Abhandlung historischer Ereignisse, sondern auf der Darstellung bedeutender identitätsstiftender Momente, die Eingang in das kulturelle und kollektive Gedächtnis Kataloniens gefunden haben. Nach Assmann „[konstituieren] soziale Gruppen ein kulturelles Gedächtnis […], aus dem sie ihre Identität ableiten.“ Eng verbunden mit der historischen Entwicklung Kataloniens ist die Entstehung des Katalanismus im 19. Jahrhundert, der politische Kultur und katalanisches Selbstverständnis und Selbstbewusstsein maßgeblich prägte. Katalanische Identität ist wie kaum eine andere national Identität in der Sprache verwurzelt. Im Nation-building-Prozess ist Sprache ein wichtiges Werkzeug.

Nicht der gesamte katalanische Kulturraum ist Bestandteil der Betrachtungen einer katalanischen Identität, sondern nur die Comunidad Autónoma Katalonien, die die Provinzen Lleida, Tarragona, Girona und Barcelona umfasst. Diese geografische Eingrenzung ist insofern von Bedeutung, da sich neuere (sprach)politische Entwicklungen in den verschiedenen Regionen des katalanischen Sprachraumes unterscheiden. Das Sprachgebiet umfasst neben der Comunidad Autónoma Katalonien, die Balearen, die Comunidad Autónoma València, das südfranzösische Roussillon, Andorra. Innerhalb dieses Sprachraums haben sich verschiedene eigene Identitäten herausgebildet, wie der
Versuch sprachlicher Abgrenzung des Valenciano vom Katalanischen zeigt. Die Sprachgrenze entspricht weder einer Staatsgrenze noch der Grenze Kataloniens und auch interne Grenzen bestehen. Das „Prinzip der Kongruenz von Sprache und Territorium [ist vielmehr] als Fiktion [zu verstehen]“.

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